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Freies Training

Als zweite Möglichkeit können Sie auch ein freies Training durchführen. Dies unterscheidet sich von den Prozeduren dahingehend das es etwas komplexer ist. Wir erklären daher nachfolgend den typischen Ablauf eines freien Trainings, welches aus 4 Trainingsphasen besteht.

Vorbereitung und Start

  1. Befolgen Sie die ersten Schritte der Vorbereitung vom vorherigen Kapitel und wählen Sie ein freies Training im Auswahlbildschirm nach Start der App

  2. Tippen Sie auf Start und werfen Sie einen ersten Blick auf die Messwerte.

  3. Bei der Interpretation der Messkurve gilt es, tonische und phasische Parameter zu beachten. Unter dem tonischen Anteil verstehen wir das längerfristige Leitwertniveau, also das Grundniveau, auf dem sich die Kurve bewegt. Die Zahlenwerte hierzu können individuell beträchtlich schwanken, am häufigsten sind Werte zwischen 1 und 15µS.
    Die phasischen Anteile sind hingegen raschere Schwankungen (Fluktuationen, in der App als „SCR“ (Skin Conductance Responses) bezeichnet) des Messwertes, also Momente, in denen die Kurve schnell steigt und wieder fällt oder umgekehrt. Diese können spontan oder als Antwort auf einen Reiz auftreten. Ein Reiz kann sowohl von innen (Gedanken, Erinnerungen, Emotionen) als auch von außen (Bilder, Töne, Ereignisse) ausgelöst werden.

  4. Mit zunehmender Anspannung steigt sowohl das Leitwertniveau als auch die Anzahl der Spontanfluktuationen! In Ruhe ist das Gesamtniveau niedrig, und es treten auch seltener Spontanfluktuationen auf.
Beispiel für eine Situation mit steigender Anspannung
Beispiel für eine Ruhephase

Erste Trainingsphase (Beobachten und Experimentieren, Ermitteln des IST-Zustandes)

  1. Ermitteln Sie als erstes eine 10-minütige Baseline (Grundzustand ohne Einflussnahme) in Ruhe. Versuchen Sie sich bestmöglich zu entspannen, und beobachten Sie während dieser ersten 10 Minuten noch NICHT die Messwerte, dies würde die Messung verfälschen.

  2. Schauen Sie sich Ihre Kurve und das Hautleitniveau, um das sich die Kurve bewegt hat, nach den ersten 10 Minuten an. Gab es Abschnitte des Anstiegs? Blieb das Niveau weitgehend gleich? Oder fällt die Kurve langsam im Zuge der Messung? Wie schätzen Sie selbst Ihre Entspannungsfähigkeit während der Messung ein? Eventuell können Sie jetzt bereits einen Zusammenhang der Kurve mit der von Ihnen empfundenen Anspannung oder Entspannung feststellen. Falls nicht, kein Problem – dies wird noch folgen. Merken/Notieren Sie sich den Durchschnittswert der Kurve und die Anzahl der Spontanfluktuationen pro Minute. Diese beiden Messwerte werden Ihnen oberhalb des Oszilloskops angezeigt.
Beispiel einer Messkurve (ab 5 Minuten Messungsdauer wird der Hintergrund eingefärbt)
  1. Nach Beendigung der 10-minütigen Baseline wird Ihnen zuerst eine Befragung angezeigt. Beantworten Sie die Fragen und machen Sie sich ggf. Notizen. Danach sehen Sie die Tortendiagramme, welche Ihnen die Fluktuationen pro Minute anzeigen (im besten Falle ist alles grün eingefärbt) und wie oft die Messwerte angestiegen, gleichgeblieben und gefallen sind. Dazu später mehr.

  2. Dies ist nun Ihr Ausgangs-Trainingszustand. Natürlich spielt hierbei auch der jeweilige Tag eine Rolle: Es dürfte einen Unterschied ausmachen, ob Sie nach einem stressigen Arbeitstag (oder gar während der Arbeit) messen oder am Ende eines entspannten Wochenendes. Nutzen Sie die entsprechende Funktion der App, um diese Baseline als CSV-Datei zu exportieren. Dies können Sie über den Aufruf der Messung im Archiv tun. So können Sie später (neben dem Archiv) auch auf anderem Wege (z.B. in Excel) auf Ihre Baseline zurückgreifen.

  3. Noch ein Hinweis: Wenn die Messwerte ohne erkennbaren Grund kontinuierlich ansteigen, könnten die Elektroden zu straff sitzen und die schlichte Ursache dafür sein, dass Sie darunter schwitzen. Diese Feuchtigkeit sollte dann aber schon deutlich spürbar sein.

Zweite Trainingsphase (gezieltes Biofeedback-Training auf Basis der Messwerte)

  1. Die zweite Trainingsphase besteht aus mehreren Messungen, die immer nach dem im Folgenden beschriebenen Schema ablaufen sollten. Sie sollen dabei die gezielte Entspannung unter Einbeziehung des Feedbacks üben.

  2. Starten Sie die Messung und beobachten Sie eine Weile Ihre Messwerte. Versuchen Sie dann durch gezielte Entspannung die Werte zu senken. Dabei können Sie verschiedene Ansätze und Techniken der Entspannung erproben, z.B. bewusste Kontrolle der Atmung (tiefes Ein- und Ausatmen), Muskelrelaxation, Autosuggestion und vieles mehr. Hier ist Ihre Experimentierfreude gefragt! Das Gerät gibt Ihnen präzise Auskunft über die resultierenden Effekte. Beobachten Sie auch kleine Veränderungen in den Messwerten. Ein Teil des Trainings legt den Fokus auf die generelle Verringerung des tonischen Hautleitwertniveaus, ein zweiter Teil dreht sich im Folgenden um die Verringerung der Fluktuationen.

  3. Bei der Reaktion des Hautleitwertes auf einen Reiz ist sowohl die Stärke als auch die individuelle Bedeutung des Reizes für die Größe der Veränderung (Amplitude) relevant. Der Reiz kann sowohl von innen (Gedanken, Erinnerungen, Emotionen) als auch von außen (Bilder, Töne, Ereignisse) kommen. Es wird Ihnen zwangsläufig passieren, dass Sie sich manchmal weniger gut entspannen können oder an etwas Negatives denken. Sollte dann als Reaktion der Hautleitwert steigen, versuchen Sie, diesen in so kurzer Zeit wie möglich wieder abzusenken. Auch tiefes Einatmen wirkt aktivierend und steigert den Hautleitwert, versuchen Sie ihn dann wieder abzusenken.

  4. In der zweiten Trainingsphase geht es darum, das generelle Hautleitwertniveau zu senken und einen Anstieg in Folge eines Reizes möglichst schnell wieder abzubauen. Sie trainieren damit, Ihre generelle Anspannung zu verringern und flexibel nach Stresssituationen wieder abschalten zu können. In der App sollten Sie den Durchschnittswert Ihrer Sitzungen sowie die Anzahl der Fluktuationen verringern (SCR/Min und Gesamt SCR).

Dritte Trainingsphase (Provokation, Entspannung und Stressbewältigung)

  1. In der dritten Trainingsphase wird noch gezielter mit Stressreizen gearbeitet, um die Stressbewältigung zu trainieren. Das Hautleitwert-Biofeedback eignet sich ganz besonders für den Einsatz gezielter Provokationsmethoden, da es zeitnah und sensibel eine Reaktion auf einen Reiz zeigt, und da diese Reaktion auch proportional zur Stärke und Bedeutsamkeit des Reizes ist.

  2. Starten Sie die Messung und beobachten Sie eine Weile Ihre Messwerte. Versuchen Sie sich dann zu entspannen. Das Training beginnt mit einer Ruhephase von einigen Minuten.

  3. Jetzt soll gezielt ein Stressor (Stressreiz) eingesetzt werden. Beispiele sind: negative Gedanken, Betrachten von emotional besetzten Bildern oder Gegenständen sowie unangenehme Geräusche. Jeder Mensch kennt in der Regel Dinge, die ihn in Anspannung und Aufregung versetzen. Wenn Sie zum Beispiel ungern vor großen Menschenmengen sprechen, versuchen Sie spontan eine Rede zu halten oder sich diese Situation vorzustellen. Wenn ein solcher Stressor auf Sie einwirkt, beobachten Sie die Messwerte, und Sie werden vermutlich einen starken Anstieg feststellen. Versuchen Sie dann, die Werte wieder abzusenken und sich zu entspannen, reduzieren Sie die Fluktuationen.

  4. Innerhalb einer Trainingssitzung können Sie Phasen von Entspannung und Stressoren abwechseln, etwa drei- bis viermal. Beenden Sie eine Sitzung immer mit einer Ruhephase und überfordern Sie sich nicht. Führen Sie mehrere Trainingssitzungen durch, über einen längeren Zeitraum verteilt, bis Sie den Eindruck haben weniger heftig auf Stressoren zu reagieren oder sich schneller zu erholen.

Vierte Trainingsphase (Transfer, Entspannung auch ohne Feedback)

  1. Nun soll überprüft werden, ob eine verbesserte Entspannung mit niedrigem Hautleitwert und weniger Spontanfluktuationen auch bereits ohne Feedback erreicht wird. Führen Sie dazu erneut eine 10-minütige Baseline-Messung durch und versuchen Sie, sich dabei bestmöglich zu entspannen. Beobachten Sie dabei NICHT die Messwerte. Betrachten Sie erst im Nachhinein, wie sich diese Messung im Vergleich zur Baseline aus der ersten Trainingsphase verhält. Im Archiv ist es möglich, Sitzungen miteinander zu vergleichen. Es wäre zu erwarten, dass Ihr Hautleitwertniveau nun niedriger liegt, zumindest aber deutlich weniger Spontanfluktuationen aufweist. Natürlich spielt auch hier Ihre Tagesform eine große Rolle. Wiederholen Sie die Baseline-Messung gegebenenfalls später noch einmal.

  2. Als weitere Transferübung können Sie wieder mit einem Stressor arbeiten und dann versuchen sich zu entspannen, wobei Sie die Messwerte dabei NICHT beobachten. Prüfen Sie im Nachhinein, ob es Ihnen gelungen ist, die Werte abzusenken und die Spontanfluktuationen auch ohne Feedback zu reduzieren. Wenn Ihnen dies gelingt und auch der Vergleich zur ersten Baseline eine deutliche Verbesserung zeigt, haben Sie ein erfolgreiches Stressreduktionstraining abgeschlossen. Wenn Sie nun im Alltag in eine Stresssituation geraten, denken Sie an Ihre Trainingssitzungen. Bleiben Sie entspannt, indem Sie die hier erlernten Fähigkeiten anwenden. Auch hier gilt: Regelmäßige Übung macht den Meister!

  3. Unsere eSense App bietet neben dem freien Training auch die Nutzung der Prozeduren an. Dies sind fertige Trainingsprogramme, die Sie nach Ihren Wünschen individualisieren können. Für eine optimale Vergleichbarkeit von Trainingssitzungen sollten diese immer unter identischen Bedingungen (gleiche Tageszeit, Elektrodenposition- und typ) und mit etwa identischer Länge durchgeführt werden. Die Prozeduren sind dabei eine große Hilfe. Mehr erfahren Sie dazu im entsprechenden Abschnitt dieses Handbuches.
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